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Montag, April 03, 2006

Mit dem Auto nach Mordor



"Haben Sie sich satt gesehen an den immergrünen Hängen der südlichen Gebirge? Kaum Begeisterung will mehr aufkommen wenn Sie auf den pittoresken Straßes des Hochplateaus fahren? Sie wollen das etwas andere Urlaubserlebnis, welches sicher noch keiner ihrer Nachbarn behaupten kann gehabt zu haben? Dann kommen Sie nach Mordor! Diese immer öde Vulkanlandschaft wird Sie begeistern. Verbringen Sie Ihren Urlaub in einem der vielen Ork-Verschläge (ohne Frühstück). Die schlecht gelaunten Uruk-hai sind stets bemüht Ihren Aufenthalt so unangenehm wie möglich zu gestalten. Nachdem sie einen unvergesslichen Ausflug zum Schicksalsberg Mt. Doom unternommen haben, gönnen Sie sich doch eine Massage auf einer der vielen Streckbänke in Minas Morgul. Lassen Sie sich von den Kartentricks des Hexenmeisters verzaubern, um gleich anschließend einen unvergesslichen Ritt auf seinem Drachen über die bewundernswert tote Landschaft Mordors zu erleben. Und wenn Sie schonmal hier sind, schauen Sie doch bei Sauron persönlich vorbei und wagen, mit einem Blick in seinen Zauberstein, einen Blick in Ihre eigene Zukunft (Reservierungen erforderlich). Sofern Sie diesen Trip überleben, wird er Ihnen als unvergesslich in Erinnerung bleiben und sicher neiderfüllte Gesichter bei Ihren Nachbarn auslösen. Kommen Sie nach Mordor!"

Also das klang ja mal wirklich super! Hatte zwar selten eine so trostlose, alte und zerfledderte Urlaubsbroschüre in den Händen, aber das versprach endlich mal ein wenig Abwechslung von dem ganzen Touristeneinerlei der letzten Wochen. Ich hatte diesen kleinen Prospekt unter der Sitzbank einer ziemlich verschrobenen, alten Kneipe bei Paraparaumu gefunden. Er schien dort schon Jahre gelegen zu haben, leider war nicht ersichtlich wie alt er war, weil nirgens ein Datum oder ein anderer Anhaltspunkt zu finden war. So steckte ich den Prospekt in meinen Rucksack, froh endlich wieder ein Ziel vor Augen zu haben.
Ich hatte wirklich Glück heute, denn lediglich eine halbe Stunde stand ich an der Straße, bis mich ein alter Ork in seinem Pickup mitnahm. Er fuhr zwar nur nach Cirith Ungol und nicht direkt nach Barad-dur, wo ich gedachte zu übernachten, doch das war mir in diesem Moment einerlei, da der Ork, dessen Namen ich nicht mehr erinnere (aber er klang wie Keuchhusten), mir empfahl in einer der Barracken nahe des Tors nach Mordor zu nächtigen, da die Preise dort noch moderat wären. Da bewahrheitete sich abermals die Erfahrung, daß der Kontakt zu Einheimischen doch der einzigste Schlüssel zu einer kostengünstigen und abenteuerschwangeren Reise ist. Nach einer halbstündigen Fahrt durch Serpentinen und Flusstältern begann sich die Landschaft um mich herum merklich zu verändern. Es wurde zunächst baumärmer und trockener. Das Gras hatte nicht mehr dieses satte Grün und ich hatte seit einiger Zeit keine Schafherden mehr gesehen. Außerdem wurde es merklich wärmer und ab und zu sah ich Rauchschwaden aus dem felsigen Boden emporsteigen, die einen Gestank nach faulen Eiern ins Wageninnere trugen. Genial! Eine halbe Stunde später wurde die Straße immer unbefahrbarer. Schließlich wurden wir auf so unerträgliche Weise durchgeschüttelt und waren so langsam, daß der alte Ork den Motor abschaltete, wir ausstiegen und er den Wagen mit meiner Hilfe einen Abgrund hinunterschubste, auf dessen Boden bereits zahlreiche andere Vehikekl ihr Grab gefunden hatten. Ich fragte mich zwar wie er wieder hier wegkommen wollte, fragte aber nicht danach. Ich blickte mich um und war erstaunt, daß sich kaum zwanzig Meter vor mir eine sicher hundert Meter hohe Felswand auftat, die zu jeder Seite mehrere Kilometer in dieses Tote Land hinein verlief. Ich sah keine Möglichkeit als umzukehren, doch der alte Ork führte mich zu einer ziemlich steilen Treppe, die grob in die Felswand gehauen war und aussah als wäre sie schon seit Urzeiten hier. Der Aufstieg überstieg bei weitem alles an Anstrengungen, denen ich auf meiner Reise bisher ausgesetzt war. Selbst das Wettpupsen mit Bob Geldof war nicht so kräftezehrend. Man bedenke, daß ich meine beiden Rucksäcke mit hinaufschleppen musste und sich auf dem ganzen Weg keine Möglichkeit zu einer Rast bot. Doch schließllich erklommen wir den Kamm und es bot sich mir ein Anblick, als hätte Gott aus einem paradisischen Garten einfach alles Lebende entfernt und den Rest unberührt gelassen. Nackten Fels. Dampfenden Fels. Verkalkten Fels. Fels in Lava. Fels mit Kieselsteinen. Fels mit Felsen. Toll! Ein Troll! Da unten sah ich ihn, klein wie eine Ameise und ebenso beschäftigt. Das Untier schien gerade dabei Felsen zu zerkloppen. Mein Herz hämmerte vor Aufregung und Freude. Nach einem mindestens ebenwürdig schweren Abstieg kamen wir endlich an einen Weg, dessen Beschilderung mir verriet, daß es keine fünf Stunden mehr nach Cirith Ungol wären. Eine halbe Stunde später waren wir da und ich checkte im nächsten Backpacker ein, der sich jedoch als Enttäuschung entpuppte. Bereits der mies gelaunte Gnom an der Rezeption verdarb mir ein wenig die Laune. Außerdem schien ich der einzige Gast zu sein und das Zimmer hatte wohl seit Jahren keinen Putzork mehr gesehen. Selbst die Gitterstäbe meines Fensters waren so stark verrostet, daß sie drohten unter jedem meiner Blicke zu Staub zu zerfallen. Nunja, war ja erst die erste Nacht. Blöderweise stellte sich heraus, daß ich mein Zimmer mit einem Uruk-hai teilen musste. Sein Schnarchen war unerträglich und verdiente adhoc einen Eintrag im Guinnesbuch der Rekorde. Eine halbe Stunde später wachte ich auf. Ich sah aus dem vergitterten Fenster hinaus in das graue Morgenlicht. Sonne gab es hier nicht. Als ich vor die Tür trat fand sich meine untere Körperhälfte in dichter Nebelsuppe, welche sich, nachdem ihr Geruch zu mir emporstieg, als Schwefelschwaden herausstellte. Da ein Fühstück nicht im Zimmerpreis eingeschlossen war, entschloss ich mich die nächste Bar aufzusuchen, um mir erstmal richtig die Kante zu geben. Alsbaldig fand ich eine abschreckende Schabracke mit dem Namen "The Prancing Orc" und betrat sie mit knurrendem Magen. Als sich die Tür hinter mir schloss hätte ich nicht sagen können, ob es draußen Tag oder Nacht war. Die wenigen Fenster waren entweder mit Holzbrettern vernagelt, mit Möbeln verbarrikadiert oder mit schwarzer Farbe blind gemalt. Das flackernde Licht kam von mehreren kleinen Feuern und auf den Tischen stehenden Halogenlampen. Ich fühlte mich ein wenig in einen australischen Einheimischenpub versetzt, wie er den Europäern in Filmen wie Crocodile Dundee oder Crocodile Dundee 2 gezeigt wird. Kein Orc sprach, alle saßen sie latend depressiv an ihren Tischen mit nem Humpen in der Rechten und ner Weedpfeife in der Linken. Kaum einer sah auf, um den Neuankömmling zu begutachten und wenn dann war es nur ein müder Blick, der Desinteresse und verdrogte Benebelung verriet. Ich ging zur Bar, bestellte mir ein Schinkenomelette und eine Flasche Feuerwisky und gesellte mich an einen der leeren Tische. Während ich trank und aß geschah das Unerwartete. Einer der Orks sprach mich an. Er stellte jedoch lediglich die typischen Fragen, die ich sicher schon eine halbe Millionen Mal beantworten musste: "How long have you been in Mordon? Where are you heading next? Wanna smoke some weed?" "One day. Mt. Doom. No, thanks." waren meine Antworten. Überraschenderweise bot sich der Ork als Guide an und meinte er hätte sowieso vorgehabt dort raufzulaufen, um ein wenig Zeug loszuwerden, daß er in die Lava schmeißen wolle. Eine halbe Stunde später fanden sich noch ein paar betrunkene Uruk-hai, die sich uns anschlossen.
Der Aufstieg war für mich relativ einfach, da sich die Uruk-hai fast darum rissen mich hochtragen zu dürfen. Sicher wollte sie dafür später von mir einen ausgegeben bekommen, aber im Moment war mir das egal, weil ich froh war nicht auf diesem heißen, dampfenden Lavagestein emporklettern zu müssen. Drei halbe Stunden später kamen wir an ein beeindruckendes Tor aus schwarzem Lavagestein, daß einen Zugang ins Berginnere bot. Ab hier durfte ich alleine laufen und wir betraten den heißen Kern des Vulkans. Die Hitze war so unerträglich, daß es undenkbar war durch die Nase zu atmen, da die Hitze sonst sicher meine Nasennebenhölenschleimhäute verbrannt hätte, aber auch das Atmen durch den Mund war aufgrund des hohen Schwefelgehaltes fast unmöglich. Ebenso fiel es mir schwer meine brennenden, tränenden Augen offen zu halten und ich nahm alles nur sehr verschwommen war. Endlich, eine halbe Stunde später, kamen wir an eine Klippe, von der aus sich ein Blick senkrecht hinunter in den Schlot von Mt. Doom bot. Fünfzig Meter unter mir brodelte die Lava und ich konnte keine halbe Sekunde dort hinunterblicken, da die aufströmende Luft ansonsten mein Gesicht verbrannt hätte. Ein Uruk-hai nach dem nächsten ging zum Rand der Klippe und schmiss irgend nen Gegenstand hinein, vom Rasierapparat bis hin zur Darth-Vader-Merchandisingfigur. Jedesmal nachdem etwas hineingeworfen wurde, gab es ein kleines Erdbeben, so daß mir unwohl wurde und ich mir wünschte diesen Ort schnellstmöglich wieder zu verlassen. Aber wenn ich schonmal hier war musste ich natürlich auch etwas hineinschmeißen. Ich entschied mich für meinen treuen Waschlappen, der auf meiner Reise bisher treue Dienste geleistet hatte, nun aber hoffnungslos verdreckt war. Eine amüsante Flugbahn bechreibend fiel er seinem sicheren Ende entgegen und als er in die Lava eintauchte wartete ich gespannt auf mein Beben. Doch nichts geschah. Dafür gab es eine gewaltige Eruption, die Lava schoss in die Höhe und ergoss sich in einem großen Schwall über mich. Na toll. Es gab ein großes Gelächter bei den Uruk-hai und ich durfte erstmal unter die Dusche hüpfen.
Als ich eine halbe Stunde später lavaverkrustet am Fuß des Vulkans ankam, stellte sich heras, daß einer der Uruk-hais sich meinen Reisepass geschnappt hatte. Ich traute mich nicht irgendeinen Aufstand anzuzetteln und entschloss mich diesen Umstand unter den Tisch fallen zu lassen. Wenn ich in Aukland war, würde ich mir in der deutschen Botschaft schon einen neuen besorgen. Lediglich die Vorstellung, daß nun ein Uruk-hai die Möglichkeit bekommen hatte nach Deutschland einzureisen und eventuell auch noch legal in meinem WG-Zimmer zu wohnen, ließ mich ein wenig erschaudern.Schlussendlich lässt sich sagen: Mordor ist nur was für wirkliche Aussteiger und Menschen, die fernab von den Haupttouristenrouten ein wenig Schwefelluft schnuppern wollen. Nix für mich.


Allen, die sich in der Tat bis hierher lesend hinuntergekämpft haben, ist großer Respekt zu zollen.
Dieser Text entstand mit großer Unterstützung von Maltes halluzinogenen Drogen.